Was sind Proteine?
Klar, ein Bestandteil unserer Nahrung, auch genannt Eiweiß.
Was ist unsere Nahrung?
Nun ja, eigentlich immer andere Lebewesen in irgendeiner Form.
Was ist besonders proteinreich?
Fleisch und andere tierische Produkte. Aber auch pflanzliche Nahrung enthält Proteine!

Nur ein Bestandteil unserer Nahrung?
Und schon wird deutlich: Proteine sind ein enorm wichtiger Bestandteil von Lebewesen. Sie sind aber nicht einfach irgendwelche Bausteine, die ansonsten nichts tun. Sie übernehmen vielmehr unzählige verschiedene, teils komplexe Aufgaben in den Zellen.
Die Vielfalt an Proteinen und ihrer Funktionen erscheint unglaublich, dabei sind sie alle aus den gleichen Bausteinen aufgebaut (dazu später mehr).
Alleskönner Proteine
Stoffwechsler
Eine sehr große Rolle spielen Proteine im Stoffwechsel von Lebewesen.
Sie ermöglichen und kontrollieren ganz bestimmte chemische Reaktionen – diese Proteine nennt man dann Enzyme. Enzyme sind ihren eigenen Artikel wert, mehr wird also folgen.
Manche Proteine bilden Kanäle durch die Zellmembran und können so kontrollieren, wie viele Ionen (elektrisch geladene Atome) in die Zelle hinein oder hinaus gelangen.
Das ist wichtig, um die Zelle im Gleichgewicht mit ihrer Umwelt zu halten und spielt auch eine sehr große Rolle für die Funktion von Nerven und Muskeln.
Es gibt auch Proteine, die andere Stoffe durch den Körper transportieren. Bekannt ist zum Beispiel das Hämoglobin: es transportiert Sauerstoff, den wir über die Lunge einatmen über den Blutkreislauf durch den ganzen Körper.
Torwächter
Bestimmte Proteine finden sich auch in der Zellmembran und sind für die Erkennung von Stoffen zuständig.
Stößt der passende Stoff auf das Protein, wird er gebunden. Das Protein ändert seine Form, die Zelle erkennt das als Signal und löst weitere Reaktionen aus. Fast so, als würde jemand an der Tür klingeln.
Diese Art von Proteinen ist z. B. wichtig, wenn es darum geht, Krankheitserreger zu erkennen und das Immunsystem darauf reagieren zu lassen.
Kommunikatoren
Es gibt auch Proteine, die als Botenstoffe (Hormone) fungieren. Sie spielen eine große Rolle für die Kommunikation zwischen verschiedenen Organen und die Steuerung vieler Prozesse.
Formgeber
Proteine sind sehr wichtig für den Aufbau und Erhalt der Körperstruktur und für Bewegung.
Bekannte Strukturproteine bei Tieren sind die Kollagene. Sie machen bis zu einem Drittel des gesamten Proteins im Körper aus und geben den Zellen in Bindegeweben, Haut, Knochen und Knorpel ihre Form, sodass sie letztendlich auch die Form der Gewebe und des ganzen Körpers erhalten.
Bewegungs-Ermöglicher
Die Kontraktion von Muskeln – und damit all unsere Bewegungen – wird ebenfalls durch bestimmte Proteine – die Aktine und Myosine – ermöglicht, die ihre Form verändern können (auch das ist einen eigenen Artikel wert).
Spezialist für „Superkräfte“
Seidenfäden von Spinnen und Insekten bestehen aus Proteinen, ebenso viele Giftstoffe, die Tiere wie Schlangen und Skorpione zur Lähmung ihrer Beutetiere einsetzen.
Vorrat für schlechte Zeiten
Und auch als Reservestoffe dienen Proteine: ist der Körper im Hungerzustand, kann er in Organen und Muskeln gespeicherte Proteine abbauen und zur Energiegewinnung nutzen.
Allerdings ist dies ein absoluter Notfall-Mechanismus. Der Abbau von Proteinen beeinträchtigt über kurz oder lang die Funktion der Gewebe, aus denen die Proteine stammen.
All das sind nur einige der Funktionen, die Proteine im Körper von Lebewesen bzw. in den Zellen haben können. Die Liste ist ganz sicher nicht vollständig.
Eines wird aber deutlich: die Arbeit der Proteine in unseren Zellen ist die Grundlage dafür, dass die Zelle selbst überhaupt ihre Arbeit tun und mit anderen Zellen kommunizieren kann.
Der Protein-Baukasten
Bei dieser Vielzahl von Fähigkeiten stellt sich doch die Frage, wie das überhaupt möglich ist. Um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, müssen wir uns genauer anschauen, wie Proteine eigentlich aufgebaut sind. Hier zeigt sich wieder, wie eng Leben und Chemie verknüpft sind.
20 Grundbausteine…
Proteine sind große bis riesige Moleküle, die aus kleineren Molekülen zusammengesetzt sind: den Aminosäuren.
Aminosäuren haben ein Grundgerüst aus Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffatomen und einem Stickstoff-Atom.
An einem der C-Atome dieses Grundgerüsts hängt der Teil der Aminosäure, durch den sich jeder Typ (jede Sorte Bausteine) unterscheidet: der sogenannte Rest (ja, wirklich, das heißt einfach nur Rest).
Dieser Teil des Moleküls enthält verschiedene Kombinationen der genannten Atome und manchmal zusätzlich Schwefel.
Er ist entscheidend dafür, wie die einzelne Aminosäure mit anderen Molekülen reagiert. Und beeinflusst dadurch auch die Struktur und die Funktion des Proteins, in dem er sich befindet.

Es gibt hunderte verschiedene Aminosäuren, aber nur 20 davon sind Bausteine für Proteine in Lebewesen. Pflanzen und Mikroorganismen können alle Aminosäuren, die sie zum Aufbau ihrer Proteine brauchen, selbst in ihren Zellen herstellen.
Andere Lebewesen dagegen müssen einen Teil der Aminosäuren mit der Nahrung aufnehmen (beim Menschen sind das acht). Denn in den Proteinen anderer Lebewesen sind sie ja enthalten. Diese Aminosäuren nennt man essenziell.
Übrigens werden alle Proteine, die wir aufnehmen, erstmal zerlegt, und die Zellen verwenden dann daraus die Aminosäuren, die sie gerade brauchen.
…unendliche Möglichkeiten
Aber nun zurück zum Protein. Jedes Protein besteht aus einer Kette von Aminosäuren, die in immer anderer Reihenfolge aufgereiht sind.
Bei kleinen Proteinen sind es weniger als hundert, bei großen Proteinen mehrere tausend.
(Für diejenigen, die es genau wissen wollen, noch ein bisschen Kleingedrucktes: Die Bindung zwischen zwei Aminosäuren wird Peptidbindung genannt, ein Protein ist deshalb ein Polypeptid.)

Die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten der 20 Aminosäuren ist dabei unfassbar groß. Alleine für Verbindungen aus drei Aminosäuren gibt es schon 8000 Möglichkeiten.
Und so gibt es im menschlichen Körper schätzungsweise 100 000 verschiedene Proteine. In jeder einzelnen Zelle eines Menschen befinden sich schätzungsweise (niemand kann es bisher mit Sicherheit sagen) 100 Millionen Proteinmoleküle.
Von einigen Proteintypen können Millionen Moleküle in einer einzigen Zelle vorhanden sein, von anderen nur eine Handvoll – je nach Funktion, Aufgabe und aktuellem Bedarf.
Der Bauplan
Woher weiß die Zelle, in welcher Reihenfolge sie welche Aminosäuren für welches Protein aneinander bauen muss?
Die Antwort ist kurz, eröffnet aber ein ganz neues komplexes Themenfeld: Der Code für jedes Protein ist in der DNA des Lebewesens festgeschrieben. In der Zelle werden diese Informationen je nach Bedarf ausgelesen und zum Bau des gerade benötigten Proteins verwendet.
Protein-Origami: aus 2D wird 3D
Mit der Aneinanderreihung von Aminosäuren ist das Protein aber noch nicht fertig, geschweige denn funktionsfähig. Die Aminosäurekette ist also die erste Ebene der Proteinstruktur. Daher heißt sie Primärstruktur.
Drehen oder Falten?
Durch die bestimmten Eigenschaften jedes einzelnen Aminosäure-Moleküls faltet sich die Aminosäurekette in ganz bestimmten Mustern. Dazu bilden sich lockere Bindungen zwischen den Molekülen.
Zwei Formen sind dabei typisch: eine rechtsgängige Spirale, wie eine Wendeltreppe (genannt α-Helix).
Und die zweite Variante ist eine Faltblatt-Struktur – wie bei einem Fächer – bei der zwei oder mehr Abschnitte der Aminosäurekette direkt nebeneinander liegen und sich auffalten (genannt β-Faltblatt).
Die Reihenfolge der Aminosäuren bestimmt, an welchen Stellen sich diese Strukturen entlang der Aminosäurekette bilden. Die so entstandene Struktur des Proteins wird Sekundärstruktur genannt.

Noch ein paar Wendungen…
Doch damit nicht genug. Durch Wechselwirkungen zwischen den Resten (also dem individuellen Teil der Aminosäuren) biegt und faltet sich das Protein in sehr komplexer Weise.
Die so entstehende dritte Strukturebene heißt Tertiärstruktur. Jedes Protein hat seine eigene typische Struktur, die es in die Lage versetzt, seine Aufgabe zu erfüllen.

…und vielleicht noch den ein oder anderen Partner
Manchen Proteinen reicht das aber immer noch nicht. Sie verbinden sich mit anderen Protein-Molekülen. So entsteht eine Quartärstruktur – also eine Struktur auf 4. Ebene.
Ein solches Protein ist zum Beispiel auch das Hämoglobin, das in den roten Blutzellen Sauerstoff bindet und transportiert. Es ist aus vier Einheiten zusammengesetzt.
Verbindet sich ein Sauerstoffmolekül mit dem Hämoglobin, ändern sich Details seiner Struktur, sodass es sogar noch drei weitere Sauerstoffmoleküle binden kann.
Bindung ist alles
Langsam wird es deutlich: Proteine sind in erster Linie darauf spezialisiert, andere Moleküle zu binden. Daraus ergeben sich dann in Zusammenhang mit der Struktur weitere chemische Vorgänge. Und letztendlich biologische Prozesse.
Ganz wichtig ist dabei, dass jedes Protein durch seine Eigenschaften auch eine ganz spezielle Aufgabe erfüllt. Seine Raumstruktur, also wie es gefaltet ist, ist dabei entscheidend für seine Funktion.
Vorstellen kann man sich das ganze wie bei einer Tür mit ihrem Schloss und einem Schlüssel. Trifft der richtige Schlüssel (ein kleines Molekül) auf die richtige Stelle der Tür (das viel größere Protein), das Schlüsselloch, wird er dort „festgehalten“ und bewirkt weitere Reaktionen.
Der Mechanismus im Schloss bewegt sich und die Tür öffnet sich. Der falsche Schlüssel wird entweder gar nicht erst ins Schloss passen oder er kann keine weitere Reaktion auslösen.
Ein weiterer wichtiger Faktor, der dem Protein ermöglich, eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen, ist seine Chemie.
Dafür müssen wir zurück zur Ebene der Aminosäuren (Primärstruktur), die nun in ganz bestimmter Weise angeordnet sind. Vor allem kommt es darauf an, welche Aminosäure-Reste (also die individuellen Teile der Aminosäuren) nach außen zeigen.
Achtung empfindlich!
Ihre komplizierte Struktur macht Proteine aber auch anfällig gegenüber Umwelteinflüssen, vor allem Hitze und bestimmten Substanzen.
Jeder kennt das Phänomen: kocht man ein Ei, wird der Inhalt fest…und man kann nichts tun, damit es wieder flüssig wird. Und auch Fleisch verändert sich beim Erhitzen und kann nicht wieder in den ursprünglichen Zustand zurückkehren.
Ausgelöst wird diese Verwandlung dadurch, dass die Proteine ihre natürliche Struktur verlieren – sie denaturieren.
Bis zu einem bestimmten Punkt ist dieser Vorgang umkehrbar, doch steigt die Hitze zu sehr an, dann ist das Protein zerstört.
Diese Hitzeempfindlichkeit ist auch einer der Gründe, warum sehr hohes Fieber gefährlich ist: Proteine im Körper beginnen, ihre Struktur zu verlieren und können ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen.
Ohne Proteine kein Leben
Klingt alles ziemlich kompliziert? Das ist es auch. Leben ist unglaublich komplex, und alles, was wir bisher wissen, ist nur ein Einblick. Aber mit allem, was alleine über Proteine bekannt ist, können Bücher gefüllt werden.
Noch weitgehend unklar ist, wie sich so eine Vielzahl an funktionsfähigen und hochspezifischen Proteinen im Laufe der Evolution und in Zusammenhang mit dem Erbmaterial entwickelt hat. Es gibt zwar verschiedene Ansätze und Theorien, aber keine ist in allen Teilen plausibel. Ob wir es jemals wissen werden?
Aber eines ist sicher: Proteine sind ein Baustein des Lebens, ohne den Leben nicht möglich wäre.